Zentrierung auf der Amöneburg

Die Amöneburg

Die Amöneburg gehört zu den Messpunkten der Kurhessischen Triangulierung, die mit sehr hoher Präzision vermessen wurden. Man nennt diese die Punkte I. Klasse.

In dem Bericht über seine “Beiträge zur Geographie Kurhessens und der umliegenden Gemeinden aus der kurhessischen Triangulierung von 1822 bis 1837” erklärt Chr. L. Gerling recht ausführlich die sogenannte lokale Zentrierung anhand der Triangulation, die er von der Amöneburg aus durchführte (§70, Seite 115ff).

Blick auf die Amöneburg vom Frauenberg

Blick auf die Amöneburg vom Frauenberg

Die lokale Zentrieung

Von den umliegenden Messpunkten aus hatte Gerling die Spitze des Turms der Stiftskirche (K) angepeilt. Eine Peilung in die jeweils entgegengesetzte Richtung wäre nur mit einem Theodoliten im Turm exakt unterhalb der Spitze möglich gewesen. Das Gebälk im Turm ließ aber die Errichtung eines stabilen Messplatzes nicht zu. Gerling entschied sich daher, auf einem Platz vor der Burgruine einen Messstein (A) in ca 80 m Entfernung vom Kirchturm aufzustellen, und von diesem aus die umliegenden Stationen anzupeilen. Da dieser Messstandort aber nicht derselbe wie der angepeilte Kirchturmknopf war, mussten diese Ergebnisse auf den Kirchturm umgerechnet werden. Dies nannte man eine lokale Zentrierung.

Der Turm der Stiftskirche auf der Amöneburg

Der Turm der Stiftskirche auf der Amöneburg

Blick vom Platz auf der Burgruine in Richtung Taufstein

Blick vom Platz auf der Burgruine in Richtung Taufstein

Dazu führte Gerling eine Triangulierung des Messsteins (A), der Turmknopfs (K) und des Taufsteins (T) durch (siehe Karte unten). Gerling errichtete eine Basislänge von etwa 18 Toisen vom Messstein (A) aus in Richtung Taufstein (T), die er mit einem geeichten Maßstab exakt vermessen musste. Nun musste er die Winkel im Dreieck A-C-T vermessen. Ein wesentliches Problem bestand nun in der deutlich größeren Ungenauigkeit einer Triangulierung solch kleiner Entfernungen. Anstatt vom Endpunkt des Basislänge (C) den Winkel zwischen der Richtung nach (A) und (K) zu vermessen - also nur auf kurze Distanzen zu peilen, hat Gerling auch vom Punkt (C) aus zum Taufstein in etwa 38 km Entfernung gepeilt und so den Winkel K-C-T aufgenommen, aus dem sich leicht der Winkel K-C-A ergibt: K-C-A = 180° - K-C-T. So konnte er die lokale Triangulierung unter Zuhilfenahme des entfernten Punktes am Taufstein mit hoher Präzision durchführen!

Der Eichmaßstab Gerlings - eine eiserne Kopie der Toise du Perou aus Paris - sowie der Theodolit Gerlings befinden sich heute in der Physikalischen Sammlung der Philipps-Universität am Renthof 5 in Marburg.