Korrespondierende Höhen

Bei der Verwendung von Sonnenuhren mit Schattenstäben ist die Genauigkeit der Beobachtung arg begrenzt: der Schatten, den die Sonne wirft, ist unscharf, da die Sonne eine ausgedehnte Lichtquelle von etwa ½ Grad am Himmel darstellt.

Aber natürlich ist es möglich, die Position der Sonne genauer als ½ Grad zu vermessen! Mit einem Teleskop - das muss kein sehr großes Teleskop sein - und einem Sonnenfilter kann man die Scheibe der Sonne sehr gut beobachten und vor allem den Rand recht genau bestimmen.

Mit einem Fernrohr ist es also möglich, den Höchststand der Sonne viel präziser als mit einer Sonnenuhr festzustellen und daraus – unter Berücksichtigung der Zeitgleichung – auch die mittlere Sonnenzeit genau zu bestimmen. Man muss nur den Lauf der Sonne mit dem Fernrohr verfolgen und warten, bis der Höchststand erreicht ist, und diesen Zeitpunkt dann anhand einer guten Uhr notieren. Eine Schwierigkeit dieses Verfahrens ist die Abschätzung, ob die Sonne nun den Höchststand erreicht hat oder ob dieser erst ein paar Minuten später erfolgt. Denn in der Nähe des höchsten Punktes des täglichen Sonnenlaufes ist die Bahn der Sonne sehr flach, sehr wenig gekrümmt.

Eine deutliche Verbesserung erreicht man, wenn man gar nicht den höchsten Punkt der Bahn beobachtet. Die Bahn der Sonne am Taghimmel läuft ja von tieferen Höhen im Osten über den Höchststand im Süden zu wieder tieferen Höhen im Westen. D.h. man kann bei einer fest eingestellten Höhe am Fernrohr den Durchgang der Sonne vor Erreichen des Höchststands und dann korrespondierend dazu auch nach Durchschreiten des Höchststands notieren. Der Durchgang der Sonne durch eine fest eingestellte Höhe ist viel präziser zu vermessen als der Höchststand selber. Man notiert dabei einfach den Durchgang z.B. des oberen Randes der Sonne. In der Mitte zwischen beiden korrespondierenden Höhenmessungen liegt der Höchststand!

Eine kleine Korrektur der Messungen ist allerdings notwendig. Die Drehung der Erde verursacht die scheinbaren Tag- und Nachbögen der Gestirne. Die Bahn der Sonne ist allerdings zusätzlich durch den jährlichen Lauf der Erde um die Sonne geprägt. D.h. anders als Sterne verändert die Sonne ihre Position am Himmel. Daher ist der Höchststand der Sonne nicht exakt in der Mitte des östlichen und westlichen Durchgangs, sondern um einen berechenbaren kleinen Wert früher. Diesen Wert nennt man die Mittagsverbesserung.

In den Sternwarten des 19. Jahrhunderts wurden oft tagsüber die Uhren anhand korrespondierender Sonnenhöhen kontrolliert und gegebenenfalls vorjustiert und dann nachts mit Sternzeitmessungen genau eingestellt. Die Messgenauigkeit der Meridiandurchgänge von Sternen ist doch höher als die der korrespondierenden Sonnenhöhen. Dieses Verfahren wurde jedoch sehr oft auch für mobile Messstationen verwendet, etwa bei Expeditionen.