Der Meridiandurchgang

Das Messprinzip

Die Positionen der Sterne werden in einem Koordinatensystem am Himmel mit zwei Winkeln angegeben: Die Höhe über dem Himmelsäquator nennt man die Deklination und den Azimut-Winkel am Äquator die Rektaszension. Der verwendete Nullpunkt in der Äquatorebene (der Frühlingspunkt) und die Nordrichtung entsprechen ungefähr den Daten des Äquatorsystems am 1. Januar 2000. Seit diesem Datum nutzt man wegen der besseren Genauigkeit sehr weit entfernte Galaxien, um Frühlingspunkt und Nordrichtung des Himmelskoordinatensystems festzulegen.

Kennt man die Position der Sterne in diesem System sehr genau – das war im 19. Jahrhundert für die allermeisten Sterne noch nicht der Fall, dann kann man einfach aus der Rektaszension eines Sternes, der gerade die Nord-Süd-Richtung eines Beobachters - den Meridian - passiert, die Sternzeit ablesen. Genau so ist das Koordinatensystem definiert! Die Messung ist im Prinzip also ganz einfach: richte ein Teleskop in die Nord-Süd-Richtung aus und messe den Zeitpunkt des Durchgang eines Sternes durch den Meridian. Zu diesem Zeitpunkt entspricht die Rektaszension des Sternes der Sternzeit!

Die Messung

Gerlings Passageinstrumt, Ertel & Sohn 1841, Reproduktion aus "Astronomische Zeitbestimmungen, F. Melde 1876", mit freundlicher Genehmigung der Hochschul- und Landesbibliothke Fulda.

Gerlings Passageinstrumt, Ertel & Sohn 1841, Reproduktion aus "Astronomische Zeitbestimmungen, F. Melde 1876", mit freundlicher Genehmigung der Hochschul- und Landesbibliothke Fulda.

Damit wird sofort deutlich, dass man für solch eine Messung drei wichtige Geräte benötigt: ein Fernrohr im Meridian, um den Durchgang zu beobachten, eine Sternzeituhr, die man mit den Beobachtungen korrekt einstellt, und eine Uhr für die bürgerliche Zeit, damit man notieren kann, wann man die Sternzeituhr gestellt hat. Sternwarten im 19. Jahrhundert waren immer mit allen drei Geräten ausgestattet, sowohl mit guten Fernrohren als auch mit guten mechanischen Präzisionsuhren.

Die Fernrohre, die man zur Zeitmessung verwendete, mussten also präzise in der Nord-Südrichtung justierbar sein. Und sie mussten in der Höhe schwenkbar sein, damit Durchgänge von Sternen mit unterschiedlicher Deklination vermessen werden konnten. Solche Teleskope nennt man Durchgangsinstrumente oder auch Passageinstrumente. Das Marburger Passageinstrument hatte eine Brennweite von 60 cm und ist als ein eher kleineres Instrument einzuordnen. Ein größeres Gerät nennt man auch einen Meridiankreis. Bei einem Meridiankreis kann das Fernrohr komplett um die horizontal liegende Höhenachse gedreht werden. Die Genauigkeit in der Zeitmessung liegt bei rein visueller Beobachtung etwa bei 1/10 Sekunde.

Die Messungen von Positionen astronomischer Objekte

Meridiandurchgänge können auch zur Festlegung präziser Koordinaten von Himmelsobjekten benutzt werden. Wenn man die Sternzeituhr der Sternwarte mit bekannten Sternen richtig einstellt, d.h. die Sternzeit bekannt ist, dann kann der Meridiandurchgang z.B. eines Asteroiden oder eines neuen Planeten zur Festlegung dessen Position benutzt werden. So wurden im 19. Jahrhundert die damals neu gefundenen Asteroiden und der Planet Neptun genau vermessen.