Sternzeit und Sonnenzeit

Die Länge des Sternentags

Verfolgen Sie über mehrere Nächte hinweg im Passageinstrument den Höchststand desselben Sternes, dann werden Sie eine erstaunliche Entdeckung machen: Die Abstände der Höchststände sind etwa 4 Minuten kürzer als ein Sonnentag. Der Sternentag ist nur etwa 23 h 56 min lang.

Warum sind Sonnentag und Sternentag nicht gleich lang?

Die tägliche Bewegung der Gestirne, das Aufgehen im Osten, der Lauf über den Süden, das Untergehen im Westen, ist eine Folge der Drehung der Erde. Nicht die Gestirne bewegen sich, sondern die Erde dreht sich, wir als Beobachter drehen uns mit der Erde und schauen uns jeden Tag einmal das ganze Panorama an. Blicken wir zu den Sternen, die für menschliche Augen fest am Himmel stehen (daher nennt man sie auch Fixsterne), dann beobachten wir also die eigentliche Erddrehung, in 23 h und 56 min einmal um die Drehachse durch Nord- und Südpol.

Die Erde steht aber selber nicht fest im Weltraum sondern kreist im Laufe eines Jahres einmal um die Sonne. Der Abstand zur Sonne ist mit etwa 150 Mio km zwar schon recht groß, aber immer noch extrem klein im Verhältnis zum Abstand zu den nächsten Sternen, geschweige denn zu den fernen Sternen!

Würde die Erde still stehen und sich nicht um die Sonne bewegen, dann wäre der Sonnentag (von Position 1 nach 3 im Bild nebenan) genauso lang wie der Sternentag (von Position 1 nach 2 im Bild nebenan). Aber durch die jahreszeitliche Fortbewegung befindet sich die Sonne nach 23 h und 56 min (Erde in Position 2) eben nicht mehr an derselben Stelle des Himmelsgewölbes. Ein Beobachter auf der Erde an ein und demselben Ort muss sich noch 4 min gedulden, bis er die Sonne wieder in derselben Richtung wie tags zuvor finden kann (Erde an Position 3).

Kennt man die Bewegung der Erde um die Sonne sehr genau, dann kann man aber aus der beobachteten Sternenzeit mit großer Präzision die richtige Sonnenzeit berechnen. Auf diese Weise wurde bis 1972 die Zeit auf der Erde aus dem scheinbaren Lauf der Sterne festgelegt. Seit dieser Zeit nutzt man dafür Atomuhren, die mit viel größerer Präzision Zeitdifferenzen, also den Lauf der Zeit verfolgen können. Jedoch müssen diese gelegentlich anhand der Sterne neu eingestellt werden.